Iron Sky – Mondnazis enttäuschen

Nazis flüchten zum Ende des zweiten Weltkriegs auf die dunkle Seite des Mondes und errichten dort ihr 1000-jähriges Interimsreich. Sie warten nur auf den richtigen Moment, um zur Erde zurückkehren zu können, um dort ein neues Weltreich aufzubauen. Was so abstrus klingt, wird von einigen Leuten tatsächlich geglaubt. Diese interessante Spezies lässt sich besonders bei uns hier in Sachsen des öfteren gut studieren. Für Menschen, deren Gedankengänge etwas weiter reichen als bis zum nächsten Thor-Steinar-Laden erfüllt diese Geschichte allerdings die besten Voraussetzungen, um im Rahmen eines absurd-ironischen Films aufgegriffen zu werden. Das dachte sich auch Timo Vuorensola, der Regisseur von Iron Sky. Nachdem er schon eine Weile im Kino lief und schon länger der Wunsch bestand, dem Hype um den Film nachzugehen, konnte das am 16.05.2012 endlich im Regina Palast in Leipzig in Angriff genommen werden.

Zur Entstehungsgeschichte des Films ist sicherlich schon genug gesagt wurden. Daher nur kurz im Abriss: Ein Teil der Produktionskosten wurde durch Crowdfunding eingespielt, d.h. Interessent_innen konnten vor Beginn der Dreharbeiten einen gewissen Geldbetrag spenden und damit die Finanzierung des Films sicherstellen. Eine Methode, die selber mal eine kritische Betrachtung verdient, ist sie doch das ideale Element, um Risiken auf spätere Konsument_innen auszulagern und damit das alte Spiel des Kapitalismus (Gewinne privatisieren, Verluste sozialisieren) auf die Spitze zu treiben. Das soll an dieser Stelle aber gar nicht so sehr im Vordergrund stehen. Neben dem Crowdfunding gab es eine weitere Beteiligungsmöglichkeit; so konnten Nutzer_innen über gewissen Inhalte des Films abstimmen, ergo Ideen beisteuern.

Diese vielfältigen Beteiligungsmöglichkeiten klingen zunächst gar nicht schlecht, sind sie doch vielleicht ein probates Mittel, um den Massengeschmack zu treffen. Im Fall von Iron Sky muss man leider festhalten, dass sich Massengeschmack und Anspruch in der Regel nicht allzu gut vertragen. Aber der Reihe nach. Im Film geht es zunächst darum, dass in den USA 2018 mal wieder Wahlkampf ist. Um ihrer Wiederwahl auf die Sprünge zu helfen, arrangiert die amtierende Präsidentin eine neue Mondmission, an der u.a. das Model James Washington (Christopher Kirby) beteiligt ist. Bei der werden dann die Nazis entdeckt, die daraufhin den passenden Zeitpunkt für die Rückkehr zur Erde sehen. Also machen sich der SS-Offizier Klaus Adler (Götz Otto) und die SS-Offizierin Renate Richter (Julia Dietze) auf die Erde. Dort werden ihre Thesen über das Wiedererstarken der Nation und der ganze andere Quatsch prompt von der Wahlkampfleitung übernommen. Dies sorgt für Jubelarien in der heimischen Bevölkerung. Während ihres mehrmonatigen Aufenthalts auf dem Monat wird Richter geläutert, weil sie Chaplins Film Der große Diktator in voller Länge sieht. Adler wird zwischendurch neuer Führer und will die Erde mit dem Raumschiff Götterdämmerung angreifen. Dies wird durch Richter und Washington vereitelt.

So weit so abstrus. Was sich in Textform noch relativ flott liest wird auf der Leinwand zu einer zähen Probe des Sitzfleisches. Betrachtet man den Film nur aus einer künstlerischen Perspektive ohne politischen Blick reicht das schon aus, um genug Kritikpunkte zu finden. Da ist an erster Stelle die absolute Vorhersagbarkeit jeglicher Witze zu nennen. In wirklich jeder Minute des Films passiert das naheliegendste – sicherlich ein Ergebnis der Abstimmung über die Ideen. Dadurch verliert der Film einiges (wenn nicht gar alles) an Dynamik und ist somit keine intelligente Satire oder Parodie auf Nazis (auch wenn diese schon selber für genug Parodien auf sich sorgen…) sondern verkommt zu einer billigen Klamauknummer. Da hätte man aus der Grundidee weitaus mehr machen können.

Was weiter stört sind diese unglaublichen Logikfehler im Film. Ich ordne den Film jetzt einfach mal als Action-Komödie ein. Davon erwarte ich also nicht allzu viel Logik, aber intellektuell beleidigt werden möchte ich auch nicht unbedingt. Renate Richter geht also nach Jahren der Indoktrination mit nationalsozialistischen Gedankengut in Der große Diktator und ist danach auf einmal von ihrem Nazitum „geheilt“? Wenn es doch so einfach wäre! Im Weltall brennen also Raumschiffe in Form von Zeppelinen ab? Nun gegen eine kleine Explosion habe ich ja nichts, aber brennen muss dann doch nicht sein. Die Wahlkampfmanagerin der Präsidentin (Vivan Wagner, gespielt von Peta Sergeant) übernimmt innerhalb von zwei Minuten die Propaganda der Nazis in ihr Programm?

Womit wir schon beim Kritikpunkt sind, der über den künstlerischen Tellerrand hinausgeht. Zieht man in Betracht, dass Kunst auch immer politisch ist, kann man Iron Sky nur als krasses Beispiel für eine typische Zurschaustellung von Ressentiments sehen. Nun möchte ich mich keineswegs als 100% überzeugt von der Politik der amerikanischen Regierung zeigen – ganz im Gegenteil. Aber was Iron Sky hier abliefert ist tatsächlich nicht als Satire anzusehen sondern als platter Antiamerikanismus. Man mag ja zur Mediensituation in den USA stehen, wie man will. Aber mit faschistischen Reden wird trotzdem keine Präsidentschaftswahl mehr gewonnen. Nicht mal die Rechtsaußen-Mitglieder der Grand Old Party würden auf diese Idee kommen. Und auch Sarah Palin, die ganz offensichtlich als Vorbild für die Präsidentin der USA diente (hier gespielt von Stephanie Paul), würde keinen weltweiten Atomkrieg starten. Hier werden also auf billigste Weise alle Vorurteile, die in Europa gegenüber dem „blöden Ami“ herrschen, bedient. Das ist weder lustig noch kritisch. Sondern einfach schlecht.

Somit muss man sagen: Iron Sky enttäuscht von vorne bis hinten. Dass Nazis lustig und doof sind, kann man dann doch besser nachvollziehen, wenn man sich eine ihrer Originalreden anhört. Die Grundidee des Films ist sicherlich nicht schlecht; daher hoffe ich, dass sich in näherer Zukunft ein_e fähigere_r Regisseur_in damit auseinandersetzt. Denn es wäre schade, wenn das Thema verstaubt. Ich bin ja der Meinung, über Geschmack lässt sich nicht streiten sondern nur über handwerkliche Fehler. Aber zu Iron Sky gibt es allerdings nur eine Empfehlung: Geld sparen und nicht gucken. Schade.

Iron Sky, Finnland/Deutschland/Australien 2012. Regie: Timo Vuorensola. Mit: Julia Dietze, Götz Otto, Christopher Kirby, Peta Sergeant u.a. Laufzeit: 92 Minuten.


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