Zum zweiten Mal in der aktuellen Spielzeit steht der Centraltalk auf dem Programm und damit die Psychoanalyse im Erfrischungsfoyer des Centraltheaters. Diesmal in etwas intimerer Atmosphäre als in der letzten Ausgabe. Denn das Foyer ist (leider) nicht wirklich gefüllt und so wohnen nur etwas mehr als 20 Menschen der Veranstaltung bei.
Erinnern wir uns kurz zurück: In der letzten Ausgabe konnte Volkers (Manolo Bertling) Zustand – das Weiße-Ritter-Syndrom – durch eine Traumdeutung erkannt werden. Die Lösung seiner Probleme bestand in einem Versicherungswechsel und somit kann er wieder voller Spaß Auto fahren bzw. im Auto sitzen, da das Benzingeld leider immer noch fehlt. Auf diesem Erfolg kann in dieser Ausgabe aufgebaut werden und wieder treffen sich Volker, Antje (Sarah Franke), Britta (Linda Pöppel) sowie Chris (Edgar Eckert; heute mit eine Doppelschicht, denn kurz vorher stand er noch bei Grimms Märchen auf der Bühne) unter der Leitung der Musikwissenschaftlerin Brigitte (Friederike Bernhardt) und unser allseits geliebten Moderators (Günther Harder).
Was als Erstes auffällt: Chris, der zum Ende der letzten Ausgabe plötzlich erblindet ist, kann wieder sehen. Doch zunächst soll es vermehrt um Antje gehen und wir erfahren, – wieder durch eine visualisierte Traumsequenz – dass ihr die Mutter fehlt. Dieses Problem lässt sich aber natürlich mit Mitteln der Musiktherapie lösen. In dieser Traumsequenz erfahren wir dann auch mehr über die plötzliche Genesung Chris‘. Wie könnte es anders sein, hat er sein Augenlicht wiedererlangt, weil Volker ihn überfahren hat. Dieser Unfall kam allerdings nicht zustande, da Britta und unser Moderator sich zu einem öffentlichen Techtelmechtel haben hinreißen lassen.
Chris – bekannt als Wunderheiler – möchte auch diesmal seinen Teil dazu beitragen, um seinen Mitgästen zu Hilfe zu kommen. Und so lernt man im Rahmen des Centraltalks auch noch, dass Melancholie, wie sie bei Antje vorkommt, nichts anderes als Schwarzgalligkeit bedeutet. Um uns das bildhaft zu zeigen, wird Antje schwarze Galle entnommen. Leider hat diese Galle keine allzu guten Auswirkungen auf den Rest der Gäste; das geht sogar soweit, dass wir einen drohenden Weltuntergang zu sehen bekommen. Zum Glück haben allerdings alle ihre Schutzbrille dabei – zumindest fast alle. Denn Chris hat keine. Was wieder einmal zu einer (temporären?) Blindheit führt. Das heißt, beim nächsten Mal geht alles wieder auf Los.
An der Wiedergabe des Inhalts lässt sich ganz gut nachvollziehen, dass der Centraltalk mal wieder nicht mit absurden Ideen spart. Hier ist diesmal vor allem die gelungene Integration der verschiedenen Medien – Text, Video (Special Effects wie im Kino) und Musik – besonders hervorzuheben. Denn die Einspieler haben direkten Einfluss auf die Geschichte, bringen diese vorwärts und sind mal wieder voller bemerkenswert grotesker Einfälle.
In dieser Ausgabe brilliert neben allen anderen insbesondere Friederike Bernhardt in der Rolle der Musikwissenschaftlerin. In lehrreichen Monologen erklärt sie den geneigten Zuschauer_innen die offensichtlichen und weniger offensichtlichen Auswirkungen des Kapitalismus auf den Gemütszustand der in ihn hinein geborenen Menschen. Diese Ausführungen sollten ob ihrer bestechenden Logik und Relevanz eigentlich das letzte Bisschen Kapitalismus aus allen Beteiligten mit Worten heraus prügeln. In Zeiten, in denen Theater immer auch politisch sein soll natürlich ein absolutes Muss.
Die aktuelle Ausgabe des Centraltalks war mal wieder ein locker-leichtes Erlebnis, was zum sich mittlerweile doch endlich abzeichnenden Sommeranfang passt. Wir freuen uns auf weitere Ideen aus den Tiefen der Psychoanalyse (leider gibt es noch keine weiteren Termine), um auch dem Verhalten der anderen Gäste auf den Grund gehen zu können.
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