Der dritte Tag stand ganz im Zeichen des Tower-of-David-Museums. Hier gibt es einige interessante Details zur Geschichte Jerusalems zu entdecken. Das Museum selbst ist im Davidsturm untergebracht und damit schon architektonisch recht ansprechend. Zunächst geht es auf das Dach und damit auf einen der höchsten Punkte der ganzen Altstadt Jerusalems. Von hier aus hat man einen wunderbaren Blick über die verschiedenen Stadtteile und über die Neustadt. Hier zeigt sich auch sehr schön, dass auch in den Neubaugebieten recht ansprechend gebaut wird, kommt doch das gleiche Baumaterial zum Einsatz wie in der Altstadt.
Tower of David und Yad Vashem
Vom Dach aus geht es dann richtig los ins Museumsgetümmel, was heute bis auf zwei größere Gruppen aber gar nicht so schlimm war. Das heißt, man konnte sich recht entspannt durch das Museum bewegen und genug Zeit für alle Ausstellungsstücke lassen. Die damalige Ungarn-Reisegruppe wird sicherlich wissen, was es bedeutet, wenn ich mir Zeit in einem Museum lassen will 🙂 Die einzelnen Räume sind den verschiedenen Epochen Jerusalems gewidmet und geht los mit der kanaanitischen Periode, über die verschiedenen Tempelperioden bis hin zur Zeit des britischen Mandats und der Unabhängigkeit Israels mit dem 6-Tage-Krieg. Und neben den Innenräumen ist auch der Innenhof der Zitadelle ein eigenes Museum für sich bzw. wird auch noch aktiv genutzt. Zum Beispiel für Veranstaltungen und auch zum Anbau verschiedener Kräuter. Der Besuch des Museums lohnt sich auf jeden Fall; hier hat sich auch zum ersten Mal die Old-City-App richtig bezahlt gemacht. Denn die hatte einen tollen Audioguide für das Museum mit enthalten, der nochmal viele verschiedene Informationen gebracht hat.
Mein persönliches Highlight gab es dann am Freitag mit dem Besuch der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem. Ein beeindruckendes Museum, bei dem man ein sehr beklemmendes Gefühl bekommt. Assaf (unser Tourguide für die Holy-City-Tour) hat bei der Tour gefragt, ob man in der Grabeskirche nicht die ganze Energie merkt und beeindruckt von der Geschichte ist. Die Frage konnte ich mit einem glatten Nein beantworten. Im Gegensatz dazu stellt sich dieses Gefühl in Yad Vashem ein. Mit jedem Meter, den man dort zurücklegt wird die Frage präsenter, wie so etwas wie die Shoa eigentlich passieren konnte und warum es nicht verhindert werden konnte.
Leider war viel zu wenig Zeit für das gesamte Museum, da es Freitag war und daher gegen 14 Uhr zugemacht hat, um den Sabbat einzuhalten. Ich denke aber, dass ich am Sonntag nochmal hingehen werde. Ich möchte den Besuch der Gedenkstätte insbesondere auch solchen Leuten ans Herz legen, die meinten, wir hätten gar keine gesicherte Erkenntnis über den Holocaust. Weil z.B. an verschiedenen Türen in Auschwitz „Außer Betrieb“ stand. Solch einen Quatsch sollte einem nach dem Besuch der Gedenkstätte wohl nicht mehr über die Lippen kommen.
Karfreitag in der Altstadt: Verrückt!
Die Eindrücke von Yad Vashem mussten sich erst mal etwas setzen bevor es wieder Richtung Altstadt geht. Denn es ist Karfreitag und da war doch was. Richtig, die Christen gedenken der Kreuzigung Jesus. Das heißt, jeder schnappt sich sein Kreuz und trägt es die Via Dolorosa Richtung Grabeskirche. Kein Witz sondern das ultimative Erlebnis jeder Pilgerreise. Eine endlose Anzahl verschiedener christlicher Strömungen macht sich also auf den Weg durch die engen Gassen der Altstadt. Mitten durch das muslimische Viertel mit seinen ganzen Marktständen, deren Betreiber das eine oder andere Mal arg zu tun hatten, dass ihre Auslage nicht mit der Prozession mitgeschleift wurde.
Da jeder vernünftige Mensch mich davor gewarnt hat, am Karfreitag direkt zur Grabeskirche zu gehen, bin ich Karfreitag also zur Grabeskirche gegangen. Und hier zeigt sich wieder einmal, welche kollektive Funktion die Religion einnehmen kann. Ich glaube, das ist mit das Verrückteste, was ich jemals gesehen habe. Vergesst Justin Bieber, hier kommt Jesus! Ungefähr eine Fantastilliarde Menschen wartet darauf, in die Grabeskirche zu kommen. Ab und an werden Glocken mit so einer Inbrunst geläutet, dass der ganze Platz vibriert. Ab und an (wenn genug Leute raus aus der Kirche sind) wird der Einlass wieder geöffnet. Und dann ist es auf einmal vorbei mit christlicher Nächstenliebe. Ein Hauen und Stechen beginnt, damit man reinkommt und in einer völlig überfüllten Kirche an den vielleicht doch gar nicht so originalen Schauplätzen der Kreuzigung Jesus‘ gedenken kann. Die wohl am meisten getroffene Äußerung unbeteiligter Zuschauer trifft es vielleicht am besten: Crazy Shit!
Die Rangeleien um einen Platz in der Kirche werden einige Male unterbrochen durch das Eintreffen der Prozessionszüge der verschiedenen christlichen Gemeinschaften. Und auch durch die Franziskaner, die von der Schweizer Garde begleitet werden. Die kündigen sich durch dumpfe Trommelgeräusche an. Ein bisschen erinnert das schon an den Herrn der Ringe, wenn Sarumans Orks sich in Bewegung setzen. Neben den obligatorischen IDF-Truppen wird der ganze Spaß auch durch Polizisten abgesichert, die scheinbar direkt aus dem Vatikan abbeordert sind. Zumindest hört man da eine Menge Italienisch.
Das großartige Spektakel hat sich sicherlich schon über einige Stunden hingezogen und ist dann gegen 19 Uhr vorbei. Da heißt es dann auch für mich per Fuß zurückzugehen, denn mittlerweile ist der Sabbat schon in vollem Gange und der ÖPNV macht erst wieder am Samstag gegen 20:30 weiter.
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