Bill Gillham – Case Study Research

Das Buch Case Study Research Methods bietet einen kompakten Einstieg in die Methode der Fallstudienforschung im Rahmen wissenschaftlicher Untersuchungen. Bill Gillham deckt damit eine Reihe relevanter Themen ab.

Bill Gillham beschäftigt sich in seinem Buch Case Study Research Methods aus der Serie Real World Research mit dem Thema der Fallstudienforschung. Die weiteren Bände der Serie sind Developing a Questionnaire und The Research Interview. Das Buch richtet sich an Einsteiger_innen und spannt einen Bogen von den Grundlagen der Fallstudienforschung bis hin zu den einzelnen Komponenten, die im Rahmen dieses Forschungsansatzes eine Rolle spielen. Gillham schreibt nachvollziehbar und gut lesbar, so dass das Thema schnell verarbeitet werden kann. Das Buch präsentiert die Fallstudienforschung auf 106 Seiten aufgeteilt in elf Kapitel.

Im ersten Kapitel (Case Study Research: Underlying Principles) geht es zunächst darum, was ein Fall (ein Case) eigentlich ist und welche Intention hinter der Fallstudienforschung (Case Study) steckt. Darüber hinaus wird eine Unterscheidung der Fallstudienforschung zur klassischen naturwissenschaftlichen Herangehensweise vorgestellt.

Das zweite Kapitel (Case Study Research: The Qualitative Dimension) gibt zunächst eine Unterscheidung zwischen quantitativen und qualitativen Methoden in der Wissenschaft. Dabei wird auf die Gegensätze in den Forschungszielen und Herangehensweisen eingegangen. Der Hauptteil des Kapitels beschäftigt sich mit den Möglichkeiten qualitativer Methoden und dem philosophischen Fundament dieser Methoden. Es wird weiterhin ausgeführt, dass Fallstudienforschung in der Regel aus einer Kombination verschiedener qualitativer (teilweise auch quantitativer) Methoden besteht, u.a. Befragungen, Beobachtungen, Arbeitsproben etc. Dadurch lässt sich die Validität der aufgestellten Theorien hinterfragen und die Theorien lassen sich an die Wirklichkeit anpassen.

Die Vorbereitung der Fallstudienforschung steht dann im Fokus des dritten Kapitels (Research Preliminaries). Zunächst werden die ersten Schritte aufgeführt, die notwendig sind, um zu sinnvollen Ergebnissen zu kommen. Eine besondere Herausforderung bei der Durchführung von Fallstudien ist die Notwendigkeit, stets bereit zu sein, existierende Theorien an die Realität anzupassen. Zu den ersten Schritten gehört auch die Definition eines übergeordneten und breit definierten Forschungsziels sowie die daraus resultierenden Forschungsfragen. Das Kapitel schließt wiederum mit einer Mahnung, unvoreingenommen zu sein.

Im Kern des vierten Kapitels (Evidence: The Primary Concern) stehen die Anhaltspunkte (Evidence), die im Laufe der Fallstudienforschung gesammelt werden. Es wird eine Kategorisierung von Anhaltspunkten vorgestellt, mit der geprüft werden kann, ob im Rahmen der Forschung tatsächlich alle Anhaltspunkte bedacht werden. Es wird darauf eingegangen, warum Anhaltspunkte den Kern der Fallstudienforschung stellen und wie die Anhaltspunkte verwaltet werden können. Dabei wird die Nutzung eines Forschungstagebuches (Research Log) empfohlen. Dieses unterstützt die Forscher_innen bei der Strukturierung der Forschung.

Das fünfte Kapitel (Evidence: What To Look Out For) beschäftigt sich wieder mit dem Thema der Unvoreingenommenheit gegenüber den Fällen. Dazu wird eine Herangehensweise vorgestellt, mit der eine größere Objektivität während der Forschung erreicht werden kann. Im darauffolgenden sechsten Kapitel (Written and Electronically Stored Material) stehen Herangehensweisen zur Analyse existierender Literatur im Fokus. Dabei werden Ansätze gegeben, mit der nach existierender Literatur zum Thema gesucht und wie die gefundene Literatur analysiert und organisiert werden kann.

Mit einer der Hauptaktivitäten der Fallstudienforschung – der Beobachtung – beschäftigt sich das siebente Kapitel (Observation: Looking and Listening). Dazu erfolgt zunächst eine kurze Klarstellung, was zur Beobachtung gehört und wie Beobachtungen begonnen werden sollten. Die Vor- und Nachteile sowie mögliche Anwendungsgebiete der Beobachtungen werden aufgezeigt. Daneben erfolgt eine Einteilung von Beobachtungen in teilnehmende (Participant Observation) und nicht-teilnehmende (Detached Observation) vorgenommen. Auf Grundlage dieser beiden Typen wird gezeigt, wie Daten gesammelt werden können. Schließlich wird vorgestellt, wie sich Beobachtungen planen lassen.

Im Fokus des achten Kapitels (Interviewing) steht mit den Befragungen die zweite zentrale Aktivität der Fallstudienforschung. Zunächst werden die beiden grundsätzlichen Kategorien strukturiert und unstrukturiert vorgestellt. Daran an schließt sich eine Übersicht, wann Befragungen überhaupt geeignet sind und wann sich Befragungen kein sinnvolles Mittel sind. Im Kapitel wird eine Herangehensweise vorgestellt, mit der Befragungen vorbereitet und trainiert werden können. Dabei wird insbesondere auf die beiden essentiellen Bestandteile Prompt und Probe hingewiesen, mit denen sich Befragungen führen lassen. Nach der Vorstellung der Befragung an sich wird gezeigt, welche Möglichkeiten es gibt, um eine darauf aufbauende Transkribierung und Inhaltsanalyse durchzuführen. Um das Gesamtbild anzuschließen, gibt es eine Übersicht über weitere Befragungsarten neben dem direkten persönlichen Gespräch.

Die Ermittlung und Auswertung quantitativer Daten steht im Fokus des neunten Kapitels (Quantitative Data in Case Study Research). Dabei wird insbesondere darauf hingewiesen, wie sich diese Daten auswerten lassen und welche Stolpersteine zu beachten sind. Das anschließende zehnte Kapitel (Physical Artefacts) beschäftigt sich dann mit einer weiteren Datenquelle der Fallstudienforschung: den hergestellten Dingen. Diese stehen teilweise im Vordergrund und es werden Methoden aufgezeigt, mit denen mit diesen Artefakten umgegangen werden kann.

Das letzte inhaltliche Kapitel (The Research Report: Analysing and Presenting Your Findings) zeigt dann auf, wie die Ergebnisse der Fallstudienforschung wissenschaftlich wiedergegeben werden können. Dazu wird zunächst ein Leitfaden vorgestellt, mit dem die wissenschaftliche Diskussion der Ergebnisse vorbereitet wird. Darauf aufbauend wird gezeigt, wie sich die Ergebnisse verschriftlichen lassen. Dabei stehen die Unterschiede zwischen „klassischen“ akademischen Arbeiten und der Präsentation der Ergebnisse der Fallstudienforschung im Vordergrund.

Das Buch schließt mit einem kurzen Abriss darüber, welchen Einfluss Fallstudien bzw. einzelne Fälle auf das alltägliche Leben haben können. Dabei wird der akademische Raum verlassen und gezeigt, dass einzelne Fälle unter Umständen zu Gesetzesänderungen oder ähnlichem führen können.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass Gillhams Buch einen leicht verständlichen Einstieg in das komplexe Thema der Fallstudienforschung bietet. Das Buch streift eine Reihe verschiedener relevanter Themen ohne allerdings zu sehr in die Tiefe zu gehen – dies ist der spezifischen Literatur vorbehalten.

Bill Gillham: Case Study Research. Continuum International Publishing, 2000. ISBN: 9780826447968


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