Jerusalem in acht Tagen – Tag 7

Am siebenten und letzten richtigen Tag stand nochmal ein bisschen Kultur auf dem Programm. Heute ist sogar ein ganz besonderer Tag, denn es ist nicht nur Ostermontag sondern auch der letzte Tag des Pessach-Festes. Dass Ostern und Pessach zusammenfallen, passiert nur alle Jubeljahre mal wieder, da sich der jüdische Mondkalender von unserem westeuropäischen Kalender unterscheidet. Im Gegensatz zum christlichen Ostern spielt das jüdische Pessach aber eine weit größere Rolle, denn es ist wieder Sabbat angesagt. Zum Glück hat allerdings das Israel-Museum an diesem Montag noch auf. Und noch viel glücklicher ist der Umstand, dass es sich direkt in der Nähe unserer Wohnung befindet.

Israel-Museum: Immer einen Besuch wert

Also nichts wie hin. Entgegen den Befürchtungen ist das Museum auch nicht komplett überlaufen; dafür ist das Wetter wohl zu gut, so dass die Mehrzahl der nicht-religiösen Jerusalemer_innen die Zeit lieber im Park verbringt. Der Eintritt ist mit studentischen 39 Schekel für das gesamte Museum absolut im Rahmen. Denn die Anlage ist an sich schon unüberschaubar groß und es zeichnet sich wie in Yad Vashem ab, dass ich wohl nicht alles mitnehmen kann. Neben einer großflächigen Außenanlage gibt es eine Reihe innen liegender Abteilungen. Los geht es mit der Geschichte des Landstrichs, auf dem heute Israel liegt. Beginnend mit den ersten menschlichen Siedlungen geht es einige tausend Jahre nach vorne in der Geschichte über die Zeiten des ersten Tempels bis hin zum römischen Zeitalter. Das ist die Zeit unter Pontius Pilatus, als Jesus in Jerusalem ein- und ausgegangen sein soll bis hin zur Kreuzigung. Daneben wird gezeigt, welchen Einfluss die verschiedenen Nachbarvölker wie Ägypter und Muslime auf die israelische Kultur hatten. Ein toller Audioguide mit vielen weiteren Hintergrundinformationen rundet das Ganze ab.

Eine große Geste: ein gebogener Krummsäbel. Der ehemalige ägyptische Staatspräsident Saadat hat bei seinem historischen Besuch 1977 eine Replik dieses Krummsäbels als Zeichen des Friedens in der Region überreicht bekommen.
Eine große Geste: ein gebogener Krummsäbel. Der ehemalige ägyptische Staatspräsident Saadat hat bei seinem historischen Besuch 1977 eine Replik dieses Krummsäbels als Zeichen des Friedens in der Region überreicht bekommen.

Doch das Israel-Museum bleibt nicht alleine in der Vergangenheit stehen sondern zeigt auch neue israelische Kunst. Hier ist vor allem die Ausstellung interessant, die sich mit dem Wandel der Kunstszene beschäftigt. Hatten Künstler_innen Israels zu Beginn noch einen klaren politischen Auftrag – Kunst stand ganz unter dem Auftrag, den Zionismus zu propagieren – hat sich dieses Verständnis im Laufe der Zeit geändert. Das zeigt sich auch sehr schön an den Motiven und Stilen, die verwendet werden. Dominierten anfangs realistische Darstellungen, die an Sowjet-Ästhetik erinnern, hat sich das gewandelt hin zu einem Gebrauch von Kunst um der Kunst willen ohne von einem politischen Auftrag infiltriert zu sein. Trotz allem dominieren (zumindest bei den im Israel-Museum ausgestellten Werken) jüdische Motive, die aber nicht mehr auf den ersten Blick als solche zu erkennen sind sondern erst wieder rekonstruiert werden müssen. Alles in allem zeigt das Museum, dass es heutzutage eine aktive Kunstszene in Israel gibt, die die so wichtige Autonomie der Kunst auch respektiert.

Israelische Kunst zu Anfang der Staatsgründung. Hier wird deutlich, dass die Kunst zu Beginn im Auftrag des Zionismus' aktiv war. Zunächst sieht man den "neuen Juden": der starke  Naturbursche, der nicht mehr ausgebeutet wird.  Im unteren Bereich dann verschiedene symbolisierte Darstellungen des jüdischen Tempels.
Israelische Kunst zu Anfang der Staatsgründung. Hier wird deutlich, dass die Kunst zu Beginn im Auftrag des Zionismus‘ aktiv war. Zunächst sieht man den „neuen Juden“: der starke Naturbursche, der nicht mehr ausgebeutet wird. Im unteren Bereich dann verschiedene symbolisierte Darstellungen des jüdischen Tempels.

Neben den Werken israelischer Künstler_innen gibt es auch Abdrucke bekannter anderer Künstler_innen aus verschiedenen Epochen der Malerei zu sehen. Leider war die Zeit wie zu erwarten viel zu kurz, um das gesamte Museum einmal durchzulaufen, geschweige denn, um sich alles im Detail anzugucken. So habe ich leider auch das Modell von Jerusalem zur Zeit des zweiten Tempels nicht mehr geschafft und muss mir das für den nächsten Besuch aufheben. Mit ein bisschen Wehmut verlasse ich das Museum und es geht Richtung Altstadt. Dort gibt es dann ein letztes Mal Hummus. Mittlerweile wird man schon mit „Welcome Back“ begrüßt und muss auch hier zu Protokoll geben, dass es der letzte Besuch ist.

Frisch gestärkt steht dann nochmal ein kurzer Besuch der Neustadt an. Auch wenn es mittlerweile der dritte Sabbat ist, den ich mitmache, ist es immer noch faszinierend zu sehen, dass kurz nach dem Ende des Sabbats das Leben wieder in die Stadt zurückkehrt. Gegen 20:30 machen die Geschäfte in der Innenstadt auf und die Menschen stehen in Schlangen (nicht nur) nach Essen an. Jetzt ist die Feiertagszeit auch ganz offiziell vorbei. Irgendwann fährt auch die Straßenbahn wieder, so dass es zurück in die Wohnung zum Kofferpacken gehen kann. Auch für Emily und Adi ist die Ferienzeit vorbei; Emily geht schon Abends zur Cinema City um dort filmwütigen Menschen Tickets zu verkaufen. Für Adi geht es dann Dienstag früh im Home-Office los. Für mich beginnt nach dem Packen die letzte Nacht in Jerusalem bevor es dann am Dienstag zurück nach Leipzig geht. Aber da noch so viel auf der Liste offen ist, werde ich auf jeden Fall wiederkommen!


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