Logische Methoden

Mit einer Übersicht zum Thema Logische Methoden von Ingolf Max geht die Ringvorlesung Methoden der quantitativen Sozialforschung in die vierte Runde. Hier sollen Ansätze vorgestellt werden, mit denen sich natürlichsprachliche Argumentationen mit Hilfe formaler Logik analysieren lassen.

Logik und Argumentation

Mit Hilfe der Logik ist es möglich, eine natürlichsprachliche Argumentation in eine formale symbolische Sprache zu übersetzen und damit die logische Folgerichtigkeit des Argumentationsrahmens zu prüfen. Diese logische Argumentationsanalyse besteht aus den vier Schritten Paraphrasierung, Formalisierung, Wahl eines Beweisrahmens und Beweis.

Bei der Paraphrasierung werden Sätze der natürlicher Sprache dergestalt umformuliert, dass sie sich mit logischen Mitteln analysieren lassen. Die Paraphrasierung an sich ist kein rein logisches Verfahren; stattdessen kann sie nur hinsichtlich eines bestimmten Ziels gerechtfertigt werden. Eine große Streitfrage zur Paraphrasierung besteht darin, ob sie bedeutungserhaltend sein muss oder ob Veränderungen bezüglich der Bedeutung zugelassen sind. Eine beispielhafte Paraphrasierung für den Satz A und B machen C ist der Satz A macht C und B macht C. Fraglich hierbei ist, ob damit die Bedeutung erhalten oder bereits verändert worden ist. Die Bedeutung würde z.B. geändert werden, wenn es notwendig ist, dass A und B C gemeinsam durchführen und dies getrennt gar nicht möglich ist.

Basierend auf der paraphrasierten Form einer Aussage lassen sich logische Symbole zu den sprachlichen Ausdrücken zuordnen. Im Beispiel steht die Formel p für den Satz A macht C und die Formel q für den Satz B macht C. Beide Sätze sind mit dem Wort und verknüpft, also einer Konjunktion. Die aussagenlogische Form dieses Satzes ist demnach p ∧ q. In Tabelle 1 sind häufig gebrauchte logische Operatoren zusammen mit einer natürlichsprachlichen Beschreibung abgebildet.

Tabelle 1: Logische Operatoren

Beispiel Operator Symbolische Darstellung
A macht C. B macht C. Aussage p, q
A macht C und B macht C. Konjunktion p ∧ q
A macht C oder B macht C. Nicht-ausschließende Disjunktion p ∨ q
Entweder A macht C oder B macht C. Ausschließende Disjunktion p X q
Wenn X dann Y. Implikation X → Y

Die Wahl eines Beweisrahmens ermöglicht es, plausible Argumentationsschritte nachzuvollziehen. Diese Wahl fällt mit der Wahl einer bestimmten Logik zusammen, auf die man im weiteren Verlauf der Analyse festgelegt ist. Um einen zwingenden Weg von den gegebenen Prämissen zu einer Konklusion zu finden, sind vernünftige Schlussregeln notwendig. Notwendige Schlüsse benötigen die Formalisierung von Aussagen, was problematisch werden kann, da die grammatische Form natürlicher Sätze deren logische Form nicht determiniert.

Die eigentliche Argumentation erfolgt dann mittels eines Beweises, mit dem nachgewiesen werden soll, dass es einen zwingenden Weg von den Prämissen zur Konklusion gibt. Im Rahmen des Beweises wird die Gültigkeit formalisierter Argumente innerhalb des vorher gewählten Beweisrahmens nachgewiesen. Dazu sind sogenannte Grundschlussregeln notwendig, die unbewiesen vorausgesetzt werden müssen; Beispiele für solche Grundschlussregeln finden sich in Tabelle 2.

Tabelle 2: Grundschlussregeln

Name Beschreibung Formalisierung
Modus ponens (Abtrennungsregel) Aus den Prämissen A → B und A folgt die Konklusion B. A → B, A ├ B
Beseitigung des Allquantors  Eine Individuenvariable wird durch eine andere Individuenvariable oder durch eine Individuenkonstante ersetzt. ∀ iA ├ A[i/j]

Im Folgenden wird die logische Argumentationsanalyse anhand eines Beispiels gezeigt. Dies besteht aus den beiden Prämissen Alle Metalle leiten Strom und Dieses Rohr besteht aus Metall. Die sich ergebende Konklusion ist Dieses Rohr leitet Strom. Eine Paraphrasierung der Aussage Alle Metalle leiten Strom ist Für alle Gegenstände x gilt: wenn x aus Metall besteht, dann leitet dasselbe x Strom. Hier zeigt sich auch, dass es verschiedene Paraphrasierungen für grammatisch gleiche Sätze gibt. Beispielsweise werden die Aussagen Menschen sind sterblich und Menschen sind gesund anders paraphrasiert, da hier ein Allaussage gegen eine Existenzaussage steht.

Den sprachlichen Ausdrücken der paraphrasierten Aussage werden im zweiten Schritt logische Symbole zugeordnet. Die Formel Fx steht für die Aussage x besteht aus Metall, Gx steht für die Aussage x leitet Strom. Dieses Rohr wird als a dargestellt. Dementsprechend wird die Aussage Für alle Gegenstände x gilt: wenn x aus Metall besteht, dann leitet dasselbe x Strom dargestellt als ∀(x) (Fx → Gx).

Der Beweis besteht dann aus den folgenden vier Schritten:

  1. ∀(x): Fx → Gx … Beweisannahme (Prämisse)
  2. Fa … Beweisannahme (Prämisse)
  3. Fa → Ga … Beseitigung des Allquantors: die Individuenvariable x aus Zeile 1 wird durch die Individuenkonstante a ersetzt
  4. Ga … Modus ponens angewendet auf die Zeilen 2 und 3.

Wahrheit und Gültigkeit

Zur logischen Analyse von Argumenten ist es notwendig, die Wahrheit von Aussagen zu bestimmen. Dabei lassen sich zunächst die folgenden grundlegenden Unterscheidungen treffen:

  • Wahre Aussage: Eine Aussage ist wahr genau dann, wenn der durch sie beschriebene Sachverhalt eine Tatsache ist.
  • Falsche Aussage: Eine Aussage ist falsch genau dann, wenn der durch sie beschriebene Sachverhalt keine Tatsache ist.
  • Tautologische Aussage: Eine zusammengesetzte Aussage ist tautologisch genau dann, wenn sie in jeder Belegung der atomaren Aussagen wahr ist.
  • Faktische Aussage: Eine zusammengesetzte Aussage ist faktisch genau dann, wenn sie in mindestens einer Belegung der atomaren Aussagen wahr ist.
  • Kontradiktorische Aussage: Eine zusammengesetzte Aussage ist kontradiktorisch genau dann, wenn sie in jeder Belegung der atomaren Aussagen falsch ist.

Die Gültigkeit von Aussagen lässt sich mit Hilfe sogenannter Wahrheitstabellen nachweisen. Diese zeigen für eine jeweilige Logik die Ergebnisse der Verknüpfung zweier Aussagen mittels verschiedener Operatoren. Tabelle 3 zeigt die Wahrheitstabellen für gebräuchliche Operatoren der Aussagenlogik.

Tabelle 3: Wahrscheinlichkeitstabellen für Operatoren der Aussagenlogik

p q Not p p ∧ q p ∨ q p X q p → q p = q
0 0 1 0 0 0 1 1
0 1 0 1 1 1 0
1 0 0 0 1 1 0 0
1 1 1 1 0 1 1

Nach Popper ist die deduktive Logik eine Theorie von der Übertragung der Wahrheit der Prämissen auf die Konklusion. Das heißt, wenn die Prämissen eines gültigen Schlusses wahr sind, muss auch dessen Konklusion wahr sein. Beispielsweise ist die Formel ((p → q) ∧ p) → q immer wahr.

Bedingungstypen

Ein Schluss der Prämissen A1, …, An auf die Konklusion B ist gültig genau dann, wenn A1 ∧ … ∧ An → B eine Tautologie ist. Die Implikation p → q hat dabei verschiedene Lesarten. Neben der „klassischen“ Lesart wenn p dann q lässt sich dies weiterhin dahingehend deutend, dass p hinreichende Bedingung für q bzw. dass q notwendige Bedingung für p ist. Die Aussage, dass p notwendige Bedingung für q ist, wird allerdings mittels q → p ausgedrückt.

Popper folgend, muss eine Konklusion wahr sein, wenn sowohl die Prämissen als auch der Schluss gültig sind. Umgekehrt muss dementsprechend mindestens eine Prämisse eines gültigen Schlusses falsch sein, wenn die Konklusion falsch ist. Dies ist dann der Fall, wenn sich aus den gegebenen Prämissen etwas logisch ableiten lässt, was in der „wirklichen Welt“ nicht gilt. Allerdings ist dabei nicht bekannt, welche Prämisse falsch ist.

Wahrscheinlichkeit in der Aussagenlogik

Abschließend soll noch kurz auf die Wahrscheinlichkeit der Wahrheit von Aussagen eingegangen werden. Für eine Anzahl n von Variablen gibt es in einer Wahrscheinlichkeitstabelle 2^n Kombinationsmöglichkeiten, d.h. unterschiedliche Belegungen mit Wahrheitswerten. Die relative Wahrscheinlichkeit einer einzelnen Aussage ist unabhängig von allen anderen Aussagen und beträgt immer 0,5. Dies kann anhand Tabelle X nachvollzogen werden: Dort gibt es vier Kombinationsmöglichkeiten und und p und q sind in jeweils zwei Fällen wahr, in zwei Fällen nicht.

Bei der Verknüpfung von Aussagen ergibt sich allerdings eine andere relative Wahrscheinlichkeit. Zum Beispiel ist die Aussage (p ∧ q) → r in 7 von 8 Fällen wahr (d.h. die Wahrscheinlichkeit beträgt 0,875). Dieser Umstand entsteht durch die Unterscheidung von materialer und logischer Wahrscheinlichkeit. Die materiale Wahrscheinlichkeit bezeichnet die Wahrscheinlichkeit einzelner Aussagen (der Prämissen und der Konklusion) jeweils für sich. Die logische Wahrscheinlichkeit dagegen ist bezogen auf den Zusammenhang zwischen den Prämissen und der Konklusion.

Literatur

  1. Popper, Karl: „Die Logik der Sozialwissenschaften.“ Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozial-Psychologie 14.1 (1962): 233-248

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